Die dreyfache glücks- und ehren-krone bey dem seligen hintritt Fr. Catharina von der Lith/ gebohrner Wesenfeldin

[171] B.N.


Als Franckreich seinen sohn den Pohlen wieder nahm/

Und Heinrich durch die flucht zum zweyten throne kam/

Da warff er die vernunfft erst auff der welt getümmel/

Nahm Solons lehren an/ die er dem Crösus gab/

Und riß auff reinen grund drey göldne kronen ab/

Mit dieser überschrifft: die dritte bleibt im himmel.


Betrübte! darff ich mich zu rühmen unterstehn/

Wie eure freundin schon den himmel hier gesehn/

Und unter dornen auch mit rosen sich verbunden;

So lernet/ daß ihr geist von gleicher würde war/

Und darum eher nicht/ als auff der todten-bahr/

So wie der könig hat die dritte krone funden.


Was jenem Pohlen war/ das war ihr jungfer-stand/

In dem sie witz und krantz als festen leim verband/

Und selbst Penelopen die palmen abgestritten/

Ihr kleid war Christi blut/ ihr spiegel aber Gott:[171]

Drum hat sie/ wie der mond/ auch in der grösten noth/

Zwar öffters finsterniß/ doch keinen bruch erlitten.


Doch diese krone brach die flamme der natur/

Als Lithens hoher geist durch ihre seele fuhr;

Drum legte sie getrost den alten scepter nieder:

Denn unser könig schrieb auch ihrer stirnen an:

Ob man gleich kronen offt im kärcker finden kan/

So sucht ein freyes kind doch seine mutter wieder.


Wie wenn ein glimmend feur auff einmahl lufft erhält/

Und der gepreßte dampff aus seinem circkel prellt/

Alsdenn die presse selbst zu frischem zunder dienet:

So zog ihr keusches hertz die reine flammen an/

Und folgte dazumahl dem baume von Japan/

Der von dem regen stirbt/ und in der sonne grünet.


Ihr pol-stern war allein ihr allerliebster Lith/

Lith/ der sich mehr um sie/ als alle welt/ bemüht;

Auff diesen warff sie nun ihr feuriges verlangen/

Und prägte bey sich selbst diß ihrer seelen ein:

Gönnt nur/ mein theurer Lith/ mir seinen sonnenschein/

So werd' ich monde stets in vollem lichte prangen.


Was Artemisia/ was Portia gethan/

Was sich der Grotius vom weibe rühmen kan/

Und Mommorantia vor ihren printz erlitten;

Das alles schreibet man durch bücher in die welt;

Doch wo nicht Momus selbst ein blindes urtheil fällt/

So hat die selige noch um den preiß gestritten.


Denn statt der aschen tranck sie Christi freuden-wein/

Vor kohlen schluckte sie nur himmels-flammen ein/

Und bat vor ihr gemahl mit heissen thränen-güssen.

Wenn denn der Labyrinth der sorgen ihn ümschloß/

Riß sie durch diesen trost ihm alle fässel loß/

Auch myrrhen lassen erst im sturme gummi fliessen.
[172]

Wie sie sein hertze nun mit zucker überstreut/

So traff sie auch das gifft der herben sterblichkeit;

Das licht gebrach ihr offt bey langen sommer-tagen/

Dacht aber nur ihr geist an seine seelen-lust/

So kunte wind und sturm auff ihre felsen-brust

So wenig als der blitz auff grüne lorbeern schlagen.


Sie wuste/ daß um klee und grünen roßmarin/

Auch gifftiger napel und coloqvinten blühn/

Daß selbst der balsam muß aus schnitt und wunden qvellen/

Und darum lachte sie/ wenn wolck und donner brach/

Und ahnte der natur der klugen bienen nach/

Die auch den schierlings-safft in honigseim verstellen.


Das glücke dieser welt und seiner ehren bahn/

Diß alles sah sie nur als runde kugeln an/

Da auff- und niedergang in einem circkel schweben/

Und lehrte: daß die lust und dieser erden schein

Nichts/ als Sirenen-klang und falsche Circen/ seyn/

Da selbst Ulysses nicht kan ohne sorgen leben.


Und endlich gab ihr leib der erden gute nacht/

Und will auch in der grufft ohn alle seiden-pracht/

Wie Maximilian/ in blosser leinwand liegen.

Ob man nun gleich ihr grab mit golde nicht bestreut/

So blitzt ihr kronen-gold doch in der ewigkeit/

Und zeigt/ daß niemand kan vor seinem tode siegen.


Daß er/ Hoch-Edler/ nun in thränen-saltze schwimmt/

Daß in dem kinde noch die mutter-liebe glimmt/

Und ihre freunde fast vor traurigkeit zerfliessen/

Ist freylich nicht zu viel; denn wo der ancker fällt/

Wo donner/ blitz und sturm den starcken mast zerschellt/

Da kan das müde schiff leicht in den abgrund schieffen.


Hier steht sein werthes haus/ und klaget seine frau/

Trägt gall und wermuth auff vor süssen nectar-thau/

Und weiß ihn anders nicht/ als weinend/ zu bedienen;[173]

Dort liegt sein armer sohn/ und zeigt mit thränen an/

Daß er noch ohne sie so wenig leben kan/

Als ein citronen-baum mag ohne sonne grünen.


Und darum glaub ich leicht/ wie seine seele schwitzt/

Indem das wetter ihm durch alle glieder blitzt/

Und er sein liebes-schiff so plötzlich sieht verderben;

Noch leichter glaub ich auch/ er würde voller pein/

Dafern sein letzter wunsch nur könte möglich seyn/

Wie Laodamia in ihrem schatten sterben.


Was aber bringen uns die thränen endlich ein?

Ein Christ muß in der glut wie Salamander seyn/

Und wie ein palmen-baum auch in der kälte grünen.

Nach sonne folget blitz/ nach regen sonnenschein;

So strahlt des himmels gunst auch wieder nach der pein/

Und läst die thränen offt uns zum ergetzen dienen.


Es lebt die selige nun aller angst befreyt/

Sie strandet an den port der vollen sicherheit/

Dem auch Marsilien und Syracusa weichen;

Und Jesus führt sie selbst mit diesen worten ein:

Wer in Jerusalem will kind und bürger seyn/

Muß in Egyptenland erst thon und ziegel streichen.


Gesetzt/ daß Südland nun gesunder lüffte sey;

Es schätze Persien sein Tebris fieber-frey/

Es baue Waldemar ihm tausend sichre thäler:

So schaut sie alles doch wie Sodoms-äpffel an/

Auff die der blasse todt diß urtheil schreiben kan:

Von aussen Carmasin/ von innen dunst und fehler.


Denn ihre burg ist nun der thron der ewigkeit/

Den stets der engel hand mit rosen überstreut/

Und Jesus selber hat mit purpur überzogen:

Da wird ihr frommer geist durch keine sorgen matt/[174]

Und grünet nach der glut so wie ein liljen-blat/

Das wieder frische krafft vom regen angesogen.


Drum zieht/ betrübteste/ die schwere thränen ein/

Und dencket/ daß wir nichts als seiden-würmer seyn/

Die nach erzeugter frucht in voller arbeit sterben:

Wohl dem/ der auff den todt schon vor dem tode denckt/

Und endlich/ wenn die zeit zwey kronen ihm verschenckt/

Wie unsre Lithin kan die dritt' im himmel erben.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 171-175.
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